Die sogenannte Bürgschaft auf erstes Anfordern dient der schnellen und einfachen Durchsetzung der von ihr gesicherten Ansprüche. Somit kommt diese Form der Bürgschaft dem Gläubiger besonders entgegen, da ihm die angeforderten finanziellen Mittel umgehend zur Verfügung gestellt werden.

Was ist eine Bürgschaft auf erstes Anfordern?

Die Bürgschaft „auf erstes Anfordern“ stellt eine Form der Bürgschaftsverpflichtung dar, die den Bürgschaftsgläubiger in besonderer Weise privilegiert. Sinn dieser speziellen Bürgschaft ist es, den Gläubiger innerhalb kurzer Zeit mit den angeforderten finanziellen Mitteln zu versorgen. Zu diesem Zweck sind die Anspruchsvoraussetzungen weitestgehend formalisiert sowie die Einredemöglichkeiten stark eingeschränkt („Einrede der Anfechtbarkeit“, § 770 Abs. 1 BGB) oder gar ausgeschlossen („Einrede der Vorausklage“, § 771 BGB).

Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

Da dem Bürgen lediglich sehr wenige Möglichkeiten verbleiben, eine Inanspruchnahme der Bürgschaft durch den Gläubiger zu verhindern, übernimmt er mit dieser Bürgschaft ein besonders hohes Risiko. Der Bürge muss direkt zahlen und kann erst im Anschluss gegebenenfalls prozessieren. Demzufolge wird eine Bürgschaft auf erstes Anfordern auch nicht ohne Weiteres angeboten.

Bürgschaft auf erstes Anfordern und AGB

Im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist die Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern insbesondere wegen der veränderten Risikoverteilung grundsätzlich unwirksam.

Verzicht auf die Einrede der Vorausklage bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern

Durch die Einrede der Vorausklage hat der Bürge das Recht, die Inanspruchnahme der Bürgschaft durch den Gläubiger zunächst abzuwehren, sofern dieser nicht nachweisen kann, dass bereits ein gescheiterter Versuch der Vollstreckung des gesicherten Anspruchs vorgenommen wurde.

Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage). Erhebt der Bürge die Einrede der Vorausklage, ist die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen gehemmt, bis der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat.

Wird auf die Einrede der Vorausklage verzichtet, wie es bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern der Fall ist, haftet der Bürge also genauso bedingungslos wie der Hauptschuldner.

Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen:

  1. wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er sich als Selbstschuldner verbürgt hat, […]

Rückforderungsanspruch bei Nichtbestehen der Hauptschuld

Bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern muss der Bürge der Forderung des Gläubigers zwar unmittelbar nachkommen, kann seine Zahlung allerdings anschließend wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen, sofern ein Nichtbestehen der Hauptforderung nachgewiesen werden kann. Für eine Rückforderung der erbrachten Zahlung darf der Gläubiger nach materiellem Bürgschaftsrecht (§§ 765 ff. BGB) keinen Anspruch auf die bereits erhaltene Leistung geltend machen.

Innerhalb eines solchen Rückforderungsprozesses gilt es, sämtliche Streitfragen zur Existenz der Hauptschuld, vorhandene Bürgschaftsfristen sowie die im Nachgang entfallene Bürgschaftshaftung zu klären.