Gerichtsurteil zu Gewährleistungsbürgschaft und Verjährung von Mängelansprüchen

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 2015 VII ZR 5/15 darf der Auftraggeber die Gewährleistungsbürgschaft nicht mehr zurückhalten, wenn die Mängelansprüche verjährt sind. Grundlage hierfür ist vor allem § 17 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B, welcher besagt, dass der Auftraggeber eine nicht genutzte Sicherheit für Mängelansprüche nach der Frist von 2 Jahren zurückzugeben hat, sofern der Auftragnehmer die Einrede der Verjährung erhebt und kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart wurde. Wurden jedoch Ansprüche geltend gemacht, die noch nicht erfüllt sind, darf ein entsprechender Teil der Sicherheiten zurückgehalten werden.

Bürgschaftsurkunde darf nicht zurückgehalten werden

Bei der abgegebenen Bürgschaft handelte es sich um eine unbefristete Gewährleistungsbürgschaft. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass hieraus nicht gefolgert werden könne, dass ein von § 17 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VOB/B abweichender Rückgabezeitpunkt vereinbart wurde.

Während § 17 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B deutlich macht, dass die Sicherheit nach 2 Jahren zurückzugeben ist, also wesentlich früher als die Mängelansprüche verjähren – dies ist bei Bauwerken nach 4 Jahren der Fall (§ 13 Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 VOB/B) –, ist § 17 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 jedoch eine Ausnahme von Satz 1 und der darin festgelegten kurzen Sicherungszeit. Sie beschränkt sich auf die Höhe der geltend gemachten Ansprüche und verhindert, dass der Auftraggeber seine Sicherheit verliert.

Der Auftraggeber hat die Möglichkeit, die Verjährungsfrist nach § 13 Nr. 5 VOB/B zu verlängern oder verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen, sodass die Mängelansprüche weiterhin gesichert sind, sofern die Voraussetzungen dem § 17 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 entsprechen.

Klares Signal für Auftragnehmer

Bisher wurde die Regelung durch die VOB/B 2002, nach der eine Bürgschaftsurkunde nach der Verjährung der Mängelansprüche nicht zurückgehalten werden darf, in der Praxis und auch in der Baurechtsliteratur oftmals verkannt. Durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 2015 wurde nun klargestellt, dass ein gegenteiliges Vorgehen keine rechtliche Grundlage besitzt. Demnach ist Auftragnehmern zu raten, direkt nach Ablauf des zweijährigen Sicherungszeitraums die Gewährleistungsbürgschaft zurückzufordern.